Die Geschichte der Familie Stein ist über viele Jahrhunderte mit Mühlen verknüpft. Auch der älteste meiner bekannten Vorfahren, mein 10xUrgroßvater Curdt Stein (~1572-1637), war Müller. Er lebte Anfang des 17. Jahrhunderts in Oberellen.
Die Mühle, die Curdt Stein betrieb, war die sogenannte Obermühle. Schon lange bevor der Müller Stein das erste Mal in der Geschichte von Oberellen auftauchte, existierte dieser Betrieb. In einem Kaufbrief von 1543 werden zwei Mühlen in Oberellen erwähnt – neben der Untermühle auch jene Obermühle.
Im Jahr 1579 wurde Curtt Herwigk als Erbzins-Pflichtiger der „Ober Mühlen“ geführt1 Copiar von Verträgen und Testamenten von Angehörigen der Familie von Hanstein, LASA, MD, E 75 A II a Nr.1., S. 124; vgl. auch Vertrag zwischen den Gebrüdern Lippold von Hansteins seeligen Söhnen von wegen ihrer Erbteilung. (Abschr. d. 20. Jahrh.), LASA, MD, E 75 A II b Nr.2., S. 115.. Auf ihn folgen 1597 „Heinrich Glasener, Obermöller“2Kirchenbuch Oberellen 1579-1623, Landeskirchenarchiv Eisenach (LKAE), KBF, K 1/21-1, S. 239, wie der Pastor von Oberellen im Kirchenbuch notiert, und ab dem Jahr 1600 „Valten Thren Obermöller“3Kirchenbuch Oberellen 1579-1623, LKAE, KBF, K 1/21-1, S. 259.
Der erste Stein, der in der schriftlichen Überlieferung des Ortes seine Spuren hinterlassen hat, steht jedoch nicht in Verbindung mit einer Mühle. Er heißt Hans Stein und heiratete laut Kirchenbuch am 7. Juli 1605 die Anna Eisleib (Ißleib). Und weil Hans Stein wohl neu in Oberellen war, notierte der Pastor auch, woher der Bräutigam kam: „von Molsdorff“4Kirchenbuch Oberellen 1579-1623, LKAE, KBF, K 1/21-1, S. 430.
Womöglich ist damit Molsdorf gemeint, ein kleiner Ort bei Erfurt, etwa 70 Kilometer östlich von Oberellen. Bestätigen ließ sich diese Vermutung bislang nicht. Die Kirchenbücher von Molsdorf beginnen erst im Jahr 1644. Immerhin finden sich in den Aufzeichnungen aber zwei Stein-Familien5Kirchenbuch Molsdorf 1644-1808, LKAE, KBF, K 7/13c-1, was darauf hin deutet, dass auch schon in den Jahrzehnten zuvor in Molsdorf Steins gelebt haben. Die Molsdorfer Steins starben aber offenbar noch im Laufe des 17. Jahrhunderts aus.
Die Linie der Obereller Steins hingegen steht im frühen 17. Jahrhundert noch ganz am Anfang. Nachdem Hans Stein und Anna Eisleib hier im Juli 1605 geheiratet haben, notiert der Pfarrer sie erstmals am Ostermontag 1606 als Gottesdienstteilnehmer. Hinter dem Namen von Hans Stein steht im Kirchenbuch der Zusatz „advena“6Kirchenbuch Oberellen 1579-1623, LKAE, KBF, K 1/21-1, S. 316-317 – auf Deutsch etwa „der Ankömmling“. Drei Monate später wird die erste Tochter von Hans und Anna Stein getauft7Kirchenbuch Oberellen 1579-1623, LKAE, KBF, K 1/21-1, S. 40.
Zwei Jahre später, am Ostermontag 1608, taucht die zweite Stein-Familie in der Geschichte von Oberellen auf: Hans Stein, der „Untermöller“ und seine Frau „Cath. Stein Untermöllin“8Kirchenbuch Oberellen 1579-1623, LKAE, KBF, K 1/21-1, S. 336 werden als Gottesdienstteilnehmer aufgeführt. Im November 1608 wird die gemeinsame Tochter Gela getauft9Kirchenbuch Oberellen 1579-1623, LKAE, KBF, K 1/21-1, S. 46. 1609 und 1613 wird dieser Müller Stein noch einmal als Gottesdienstteilnehmer notiert.
Bemerkenswert im Zusammenhang mit dieser Stein-Familie ist außerdem ein Kirchenbucheintrag von 1611, in dem die Taufe einer Catharina Stein dokumentiert ist10Kirchenbuch Oberellen 1579-1623, LKAE, KBF, K 1/21-1, S. 53. Der Name des Vaters wird mit Hans Stein angegeben, ergänzt um den Zusatz „militis“ (deutsch: Soldat). Die Taufpatin ist Catharina, des „Hans Steins inferioris molitoris fratris uxor“. Auf deutsch: Die Patin ist Catharina, die Ehefrau des Bruders, des Untermüllers Hans Stein. Demnach hat also der Untermüller Hans Stein einen Bruder gleichen Namens, Hans Stein, der als Soldat in Oberellen lebt. Dass es sich bei dem Soldaten um den gleichen Hans Stein handelt, der aus Molsdorf kam und Anna Eisleib heiratete, darf angenommen werden.
Mindestens zwei Stein-Familien lassen sich also bereits nachweisen, als schließlich am 7. April 1608 mein 10xUrgroßvater erstmals im Kirchenbuch der Gemeinde Oberellen erwähnt wird. Es ist die Taufe eines unehelich geborenen Jungen, der den Namen Curd Heinrich erhält. Neben drei weiteren Taufpaten wird hier erstmals „Curd Stein der Obermüller“ genannt11Kirchenbuch Oberellen 1579-1623, LKAE, KBF, K 1/21-1, S. 44. Woher dieser Curdt Stein stammt, bleibt leider offen. Dabei sind Hinweise auf den Herkunftsort oder den Beruf einer Person in den Listen des Obereller Pfarrers sonst durchaus üblich.
Auch Curdts erste Ehefrau Dorothea (~1566-1625) bleibt weitgehend im Dunkel der Geschichte verborgen. Sie bringt 1609 den gemeinsamen Sohn Curdt Stein Junior (1609-1682) zur Welt12Kirchenbuch Oberellen 1579-1623, LKAE, KBF, K 1/21-1, S. 49, doch bis zu ihrem Tod im März 1625 offenbart das Kirchenbuch nicht einmal ihren Geburtsnamen, geschweige denn ihre Herkunft. Nur ihr ungefähres Geburtsdatum lässt sich aus dem angegebenen Alter im Sterbeeintrag13Kirchenbuch Oberellen 1623-1687, LKAE, KBF, K 1/21-2, S. 293 zurückrechnen.
Nach dem Tod von Dorothea heiratet Curdt Stein im Juli 1625 ein zweites Mal, und zwar Anna Herwig, verwitwete Senger (~1584-1637)14Kirchenbuch Oberellen 1623-1687, LKAE, KBF, K 1/21-2, S. 248. Sie ist zu diesem Zeitpunkt über 40 Jahre alt, Curdt Stein bereits über 50. Dass aus dieser Verbindung keine Kinder mehr hervorgehen, wundert nicht. Zwölf Jahre nach der Eheschließung stirbt Curdt Stein im Jahr 163715Kirchenbuch Oberellen 1623-1687, LKAE, KBF, K 1/21-2, S. 304 in Oberellen.
Die Steins sollten sich jedoch fortan in Oberellen und den umliegenden Ortschaften als Müller-Dynastie etablieren.