1702 – der Müller Stein hat Ärger mit dem Vormieter

Wer schon mal eine Wohnung gekauft oder gemietet hat, wird das womöglich ebenfalls erlebt haben: Ärger mit dem Vormieter! So ging es auch dem Müller Stephan Stein  (1642-1709), meinem 8xUrgroßvater, nachdem er 1701 die sogenannte Herrnmühle in Gerstungen dem Herzog Johann Wilhelm (1666-1729) von Sachsen-Eisenach abgekauft hatte.

Aus einem Dokument, das ich im Hauptstaatsarchiv in Weimar1Alle folgenden Abbildungen der Unterlagen mit freundlicher Genehmigung des Landesarchivs Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar (LATh – HStA Weimar). fand, geht hervor, welche Vereinbarung der Stephan Stein im Zuge des Mühlkaufs mit seinem Vorgänger Johann Cramer eingegangen war – und dass diese offenbar nicht von beiden Seiten eingehalten wurde! In dem Schriftstück vom 27. Januar 1702 fordert der Müller vom Herzog, im Streit mit seinem Vorgänger zu vermitteln.

„Auf Martini“ hätte Stephan Stein die Mühle zu Gerstungen beziehen sollen2o.T. 1702, LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftl. Güter, Nr. 630, Bl.1

Was war passiert? In dem Schreiben erklärt der Müller Stein, dass er die Mühle laut Kaufvertrag „auf Martini“ hätten beziehen sollen, also am Martinstag des Jahres 1701, dem 11. November. Der Pächter Cramer habe aber, „weil seine Pacht Zeit noch nicht völlig zu ende, von seinem schaden groß lamentirens gemacht, so er leiden müst“. Daher habe der neue Besitzer „geschehen laßen müßen, daß er [der Pächter Cramer] noch Vier wochen nach Martini in der mühle verblieben“ ist. Dafür hätte der Cramer aber versprochen, „nach proportion des Jahrpachts“ – also anteilig – Miete an den Müller Stein zu zahlen.3o.T. 1702, LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftl. Güter, Nr. 630, Bl.1

Das aber verweigere der Pächter nun, was den Stephan Stein offenbar umso mehr ärgert, da er für die Mühle bereits eine jährlich zum 30. November – dem Andreastag – fällige Steuer hatte entrichten müssen. An den Herzog schreibt Stein, er habe die „Andrea Steur, so unterdeßen fällig worden, bezahlt“ und trotzdem wolle „Jener mir an dem Pacht nunmehr nichts gestehen.“4o.T. 1702, LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftl. Güter, Nr. 630, Bl.1-2

Und nicht nur das: Der neue Besitzer der Mühle beklagt sich zudem, dass der bisherige Pächter bei seinem Auszug Bauholz mitgenommen habe und auch Steine nicht herausgebe, die für Reparaturen benötigt werden. Insbesondere über das Holz ärgert sich mein Vorfahr, weil dieses aus den herzöglichen Wäldern speziell für Instandhaltungsarbeiten kostenlos „zu der mühlen hergegeben“ wurde. Er solle dem Cramer aber nun Geld dafür bezahlen.5o.T. 1702, LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftl. Güter, Nr. 630, Bl.2 

Das Schreiben ist unterzeichnet von Stephan Stein, dem „Dorfmöller“ in Herda6o.T. 1702, LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftl. Güter, Nr. 630, Bl.3

Auch die 30 Fuder Steine, „welche zu dem waßerbau“ an der Mühle benötigt werden, wolle der Cramer nur gegen Bares herausrücken. Sein Nachfolger bezweifelt allerdings, dass es sich tatsächlich um diese Menge handelt und bittet um Vermittlung. Es möge der „Ambtmann, Herr Daniel Götzeln zu Gerstung, die Verordnung ertheilen“, dass der vorherige Müller die Pacht zahlen und „das zur ungebühr von der mühle weggenommene Holtz zurückgeben“ und auch die „Steine, ohne weiters entgeld bey der mühlen“ lassen solle.7o.T. 1702, LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftl. Güter, Nr. 630, Bl.2-3

Leider findet sich keine Antwort des Amtmann Götzel in den Akten des Staatsarchivs. Daher bleibt es unklar, ob der Herzog in den Streit der beiden Müller eingegriffen hat.


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