Die Gerstunger Herrnmühle am Ende des 17. Jahrhunderts

Mehr als 180 Jahre betrieben mehrere Generationen der Familie Stein die Herrnmühle in Gerstungen. Doch wie sah die Mühle an der Werra aus, bevor die Steins sie übernahmen? Akten aus dem Hauptstaatsarchiv Weimar vermitteln einen Eindruck davon, wie die Mühle ausgestattet war und in welchem Zustand sie sich am Ende des 17. Jahrhunderts befand.

Über 20 Jahre hatte Hans Rudloff damals die Herrnmühle in Gerstungen betrieben. Als er am 22. Juli 1693 starb1Kirchenbuch Gerstungen 1685-1742, Landeskirchenarchiv Eisenach (LKAE), KBF, K 1/9-2, S. 220, war er 70 Jahre alt. Er hinterließ Frau und zwei erwachsene Söhne – und eine Mühle, die sich in einem erbärmlichen Zustand befand. In Akten2Landesarchiv Thüringen (LATh), Hauptstaatsarchiv (HStA) Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftliche Güter, Nr. 629, die sich im Hauptstaatsarchiv Weimar befinden, wird die Situation der Herrnmühle beschrieben – knapp zehn Jahre, bevor der Müller Stephan Stein (1642-1709), mein 8xUrgroßvater, sie im Jahr 1701 kaufte.

Dass der Müller Stein die Mühle an der Werra überhaupt erwerben (und im Gegensatz zu seinen Vorgängern nicht nur pachten) konnte, dürfte zu einem großen Teil darauf zurückzuführen sein, was in den Jahrzehnten zwischen 1670 und 1693 passierte – oder besser gesagt: was nicht passiert war. Im Kaufvertrag, den Stephan Stein am 7. November 1701 unterschrieb, wird ausdrücklich erwähnt, dass der Herzog die Mühle „insonderheit zu Vermeidung der großen und öfftern Baukosten“ gänzlich abgibt.3KaufBrieff zur Herrschafftl: Mahl= Schlag= Loh und WalchMühle zu Gerstungen an Steffen Steinen zu Heerda ao: 1701. LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftl. Güter, Nr. 631, Bl.2 Schuld an diesem hohen Reparaturaufwand war vermutlich, dass die Mühlanlage viele Jahre komplett vernachlässigt worden war. Ein klassischer Sanierungsstau.

Wie war es dazu gekommen? Der Müller Hans Rudloff hatte den ihm anvertrauten Betrieb ganz schön herunterkommen lassen. In der Akte aus dem Jahr 1693 heißt es, dass er „wegen hohen alters letzlich loß [nachlässig] worden, und ein und anders hängen laßen“ hat. Dass die Mühle früher besser in Schuss war, belegt die Abschrift eines Pachtvertrags von 1676, die der Akte von 1693 beiliegt. Aus dem Schriftstück geht hervor, dass Hans Rudloff die Herrnmühle erstmals 1670 pachtete und der Vertrag nach sechs Jahren – am 2. Februar 1676 – um weitere sechs Jahre verlängert wurde.

Regelungen im Pachtvertrag von 1670

Die Bedingungen für die Vertragsverlängerung wurden genau festgeschrieben: Gegenüber dem Fürsten sollte der Müller „unterthänig, getreu, hold und gewärtig seyn“, ein gottesfürchtiges und ehrbares Leben führen, den Mahlgästen „mit glimpfflichen und bescheidenen Worten begegnen“ und sie bei der Abrechnung (dem sogenannten „Abmetzen“) nicht übers Ohr hauen. Tischlerarbeiten an „Rädern, Wellen, Gerindes, Kämmen, Getrieben, Beutel, Sieben und anders“ sollte der Müller auf eigene Kosten ausführen lassen, erhielt aber für Reparaturen nötiges Holz und andere Baumaterialien gestellt. Außerdem konnte er die Hilfe von Gerstunger „Unterthanen und Fröhner[n]“ in Anspruch nehmen. Bei Schäden am Mühlwehr durch Hochwasser oder Eisgang übernahm die fürstliche Verwaltung die Instandhaltungskosten.

Neben dem Zehnten für den Pfarrer und einem Wein- und Kühegeld zahlte der Müller vierteljährlich an Pacht: „viertzig Fulder Malter Korn, Viertzig gülden Cammer wehrd an Gelde, und Drey schock LeinKuchen auf nachfolgende Quartalszeiten, als Ostern, Johannis, Michaelis und Weyhnachten“. Für den Fall, dass die Mühle wegen Hochwassers wochenlang nicht mahlen konnte – „welches Gott gnädig Verhüten wolle“ – oder im Winter einfror, konnte der Müller eine Ermäßigung auf den Pachtzins beantragen. Zu den Pflichten des Pächters gehörte auch, „zwey tüchtige große Schweine“ aus dem fürstlichen Besitz zu mästen, bis es „tüchtige Speck Schweine“4(ausgewachsene) Mastschweine; vgl. „Speckschwein“, Deutsches Rechtswörterbuch Online, https://drw-www.adw.uni-heidelberg.de, abgerufen am 28.2.2025. waren.

Der Müller durfte laut des Pachtvertrags das Getreide in den Ämtern Gerstungen und Hausbreitenbach „seinem belieben nach“ zum Mahlen holen. Die Bauern von Neustadt unterlagen einem Mahlzwang und waren verpflichtet, ihr Korn zur Gerstunger Mühle zu geben. Allerdings wurde der Müller verpflichtet, „iedesmahl das Korn zu rechter Zeit ab[zu]holen, und das Mehl wieder an gehörige orthe [zu] verschaffen.“

Ausdrücklich erwähnt wurde im Pachtvertrag auch der Umgang mit der Walckmühle, in der „die Gerber altem herkommen nach, niehmals mehr als hundert stücke leder walcken, und dem Müller an dem schlagwerk keine hindernüs zufügen“ sollten. Von jedem Walck-Durchgang sollten zwei „Korstück“5vermutlich ausgewählte Lederstücke; vgl. „KÖR, f.“, Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, https://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=K10952, abgerufen am 28.2.2025. an die fürstliche Verwaltung abgegeben werden und der Müller ein drittes Korstück als Bezahlung erhalten. Reparaturen an der Walckmühle musste der Müller laut Vertrag selbst tragen, sofern es sich um Holzarbeiten handelte.

Geregelt wurde auch, was der Müller mit Fischen tun sollte, die er womöglich aus der Werra zog. Aale, Hechte oder „sonsten was gutes an fischen“ musste er zunächst der fürstlichen Verwaltung anbieten. Die würde ihm dafür Geld bezahlen oder einen Betrag auf das Pachtgeld anrechnen. Auf dem sogenannten Werth, einer Insel zwischen dem Hauptlauf der Werra und dem Zufluss zur Mühle, war ein Stück Land für den Müller abgesteckt worden, das er nutzen konnte. Außerdem konnte der Müller zwei Kühe und wahlweise ein Pferd oder ein Rind mit dem Vieh des fürstlichen Vorwerks weiden lassen.

Der Pächter sollte laut Vertrag „auf Licht und Feur“ achten, damit die Mühle nicht beschädigt wird. Und beim Auszug sollte er Mühl- und Wohngebäude in dem Zustand übergeben, wie er sie bei Vertragsbeginn übernommen hatte – das musste er „an Eydes statt durch ein Handgelöbnüs“ versprechen und zusagen, wie es in dem Vertrag von 1676 heißt. Im Laufe der nächsten Jahre muss diese Vereinbarung noch mehrfach verlängert worden sein, so dass der Müller Hans Rudloff den Betrieb schließlich 23 Jahre geleitet hatte, als er 1693 starb.

Zustand der Herrnmühle in den Jahren 1670 und 1693

Wie eingangs erwähnt, war der Zustand der Mühle inzwischen offenbar katastrophal. Laut einer Bestandsliste waren 1693 die Öl- und die Mahlmühle zwar noch nutzbar, aber nur in mittelmäßigem Zustand6„ziemlich“; vgl. „ziemlich, adj. und adv.“, Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, <https://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=Z05976>, abgerufen am 03.03.2025., die Loh- und die Walkmühle standen hingegen wegen nötiger Reparaturen komplett still. Ein Drittel des Wehres, das die Werra anstaute, um den Mühlgraben mit Wasser zu versorgen, war bereits zwei Jahre zuvor durch Eisgang zerstört worden und noch nicht instand gesetzt worden. Auch das Wohnhaus war überall in schlechtem Zustand und musste dringend renoviert werden. Dabei hatte der Müller Rudloff die Mühle im Jahr 1670 in ordentlichem Zustand übernommen, wie einer Abschrift des Übergabeprotokolls zu entnehmen ist: die insgesamt drei Gänge der Mahlmühle waren demnach ebenso funktionsfähig wie die Öl-, Loh- und Walkmühlen. Auch das Wehr war „noch gut“, ebenso das Haus mitsamt Schweinestall und Pferdestall.

Die beiden Söhne des verstorbenen Müllers Rudloff, Georg und Balthasar, müssten „noch ziemliche Zeit zubringen“, um die Mühle „ohne einigen mangel übergeben“ zu können. Daher baten die Söhne darum, dass man ihnen die Mühle bis zum Ablauf des Pachtvertrags ihres Vaters übergeben solle. Das berichtete der Amtmann von Gerstungen in seinem Schreiben an die fürstliche Rentkammer in Eisenach und fügte seine persönliche Einschätzung an: Weil „die Mühle sehr baufällig, und sonderlich die Loh= und Walckmühl gar nicht mehr brauchbar“ seien, sei es womöglich sinnvoll, „den Erben der Pacht diese wenige Zeit über, unter der bereits gestellten Caution“ zu lassen. Ob dem Wunsch der Rudloff-Söhne entsprochen wurde, ist nicht nachzuvollziehen, da dazu keine weiteren Akten aufzufinden waren.

Die nächsten Müller in der Herrnmühle

Gleichzeitig bemühten sich bereits mehrere Müller darum, die Herrnmühle nach dem Tod des Hans Rudloff pachten zu dürfen, wie aus dem Schreiben von 1693 hervorgeht. Namentlich erwähnt werden Hans Winckelstein aus Tiefenort und Christian Busch aus Creuzburg als mögliche Nachfolger. Damit schließt sich ein Kreis, denn jener Christian Busch ist der Enkel des Müllers Claus Busch, der die Herrnmühle bis 1670 gepachtet hatte und sie am 3. Februar 1670 in ordentlichem Zustand an Hans Rudloff als neuen Pächter übergab. Tatsächlich bekommt Christian Busch offenbar den Zuschlag für die Mühle. Dem Gerstunger Kirchenbuch ist zu entnehmen, dass sein Sohn Johann Christian am 2. November 1697 getauft wurde7Kirchenbuch Gerstungen 1685-1742, Landeskirchenarchiv Eisenach (LKAE), KBF, K 1/9-2, S. 74 – und Christian Busch wird zu diesem Zeitpunkt als Herrnmüller bezeichnet. Bis 1701 muss es jedoch noch einen Wechsel gegeben haben, denn als letzter Pächter vor dem Kauf der Mühle durch die Steins wird ein Johannes Cramer angegeben.8KaufBrieff zur Herrschafftl: Mahl= Schlag= Loh und WalchMühle zu Gerstungen an Steffen Steinen zu Heerda ao: 1701. LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftl. Güter, Nr. 631, Bl.2 Dann beginnt die lange Geschichte der Stein-Müller, die erst im Jahr 1886 enden sollte.

Den kompletten Wortlaut der Akte ist im Folgenden dokumentiert.


Hochfürstl: Sachß: zur Cammer, hochverord=
nete Herrnn Räthe.
HochEdle vest und Hochgelahrte
HochgeEhrtest gebietende Herrnn.
Ew. Durchl: Hochedl. Excell: unterm 5t hujus abge=
laßenen hochgeneigten Befehl zu gehorsamer folge 
ist (1.) des hiesigen Verstorbenen Pachtmüllers, Hansen 
Rudolps hinterlaßenen Erben Andeutung geschehen, daß
sie sich mit denen, bey der Mühle befindlichen Inventa=
riens stücken dergestalt in Bereitschafft halten sollten,
damit sie solche beym Antritt eines neuen Pächters, ent=
weder in natura liefern, oder den abgang genüglich 
ersetzen könten. Soviel (2.) die Von den angegebenen 
neuen Mühlen Pachtern bezeugte Baufälligkeit der Mühlen
betrl. so ist die selbe nicht ohne auch albereit in meinem Vori=
gen bericht davon erwehnung geschehen und besaget nun=
mehro die hier bey kommende beschreibung lit A. Wie
die Mühle und derselben Gebäude in einem und andern

anitzo befunden, hergegen giebet die Beylage lit. B.
Wie solche Mühle vor 23 Jahren dem Verstorbenen Pach=
ter Hanß Rudloffen, an gebäuden und sonst übergeben 
worden; Woraus denn erscheinet, daß freyl. ein und anders
dermahlen in beßerem Stande, eyn und gelaßen werden
müße, die hinterlaßenen beeden Söhne, Georg und Bal=
thar Rudloff, so seither des Vaters Tode wechsels weise neben
der Wittwen und Gesinde in der Mühlen geweßen, sind
der Meinung, weil sie ohne dem den Wehrbau auf ihre Ko=
sten, ohne die Materialia zur perfection und darmit noch
ziemliche Zeit zubringen müßen, daß sie den Pacht Vollends
biß nechst künftig Lichtmeß continuiren, und mittelst deßen
die Mühle in solchen Stand setzen wollen, daß sie solche nach=
gehends ohne einigen mangel übergeben könten. Dieses
stehet nun zu hochfürstl. Cammer höher Erwägerung. Meine
unmaßgebliche Gedanken aber beyzurücken, in dem doch
die Mühle sehr baufällig, und sonderlich die Loh= und Walck=
mühl gar nicht mehr brauchbar ist folglich alles uf der Erben
Kosten, Vermöge Pachtbriefs, in beßeren Stande gesetztzet 
und also fort darzu ziemliche Zeit angewendet werden muß, 
Deucht mich, es könte den Erben der Pacht diese wenige Zeit
über, unter der bereits gestelten Caution gelaßen undt 
desto fleißiger uf die reparation gesehen werden, würde

auch folgendt mit einem neuen Müller desto füglicher 
zu schließen, und von selbigen nicht, wie ietzt geschiehet, so=
viel absehen auf die Baufälligkeit der Mühle zu machen 
seyn, die Erben gestehen, waß ihr Vatter wegen hohen alters 
letzlich loß worden, und ein und anders hängen laßen, sie
sind aber erbötig, Gnädigster Herrschafft die Mühle tüchtig
zu liefern. So viel drittens meine unmaaßgebliche Ge=
dancken, wem die Mühle untern den angegebenen beeden
Mühlern anzuvertrauen, betrieft, weiß ich nicht, wem
Erl. HochEdl. Excell: durch bringen des befehls meinen,
den solchen befehl hat eine Frau von Herda anhero bracht,
des tags vorher aber meldete sich Hanß Winckelstein
von Tiffenort bey mir an, welchen ich auf vorgeschützten 
mündlichen befehl Hochfürstl. Cammer, die Mühle zu besehen
angewiesen, und heüte kömmet wieder ein anderer mir
unbekanter aus der Moßbach, beruffet sich gleichfalls 
auf Hochfürstl. Cammer befehl, und giebet so viel zu ver=
stehen, daß ihm die Mühle schon versprochen seyn, schützet 
aber mit vielen Worten vor, daß er solche wegen seiner
unter handen habenden arbeit noch nicht beziehen könte.
Wegen Christian Buschen von Creutzburgk und Hanß
Winckelsteins von Tiffenort hab ich meine wenige Ge=
dancken schon in meinem Bericht vom 21tn Juny nicht
[weiterer Text fehlt]

A.
Die Herrschafftlig Mühle zu Gerstungen, befindet sich
anitzo in folgenden Zustand, und zwar
1.
In der MahlMühle, ist alles in ziemlichen Stande und 
gangbar
2. 
Die Loh und Walckmühl, seind beede gar untüchtig,
und können ohne reparatur nicht gebrauchet werden,
3.
Die Öhlmühle ist noch in ziemlichen Standt.
4. 
In der neuen Mühlen, ist das Cambrad [Kammrad] wandelbar. 
5.
Die Fach sind noch gut.
6.
Die Gerinne sind neu gebohlet, eine neue weyde
banck aber muß gemacht werden. 
7.
Der Arch ist auch noch vorhanden.
8.
Die Weehr betrl. ist bekant, daß das obere große 
Weehr vor 2 Jahren fast zum 3ten Theil durch die

Eißfahrt vom Grunde weg gerißen worden, woran 
weil es vorigen Jahres, wegen continuirlichen großen 
Waßers nicht zum Stand gebracht werden können, iezo 
noch gebauet wird, das untere aber ist noch in ziemlichen
Stande. 
9.
Das Wohnhaus ist aller orten sehr wandelbar, und stehet 
dahin, ob nicht ein und anders zeitl. nach und nach repariret 
werden können.

B.
Inventarium 
Der Gerstunger Ambtsmühlen neben
den darinnen befindlichen sachen, wie Meister Claus Busch
als alter: dem neuen Müller, Meister Hanß Rudloffen 
solche überliefert und eingeräumet den 3ten Februar 1670.
1.
In der Mahlmühlen am Obersten gang, wie nichts
weniger an der mittel und untermühlen alles gut
und gangbar. 
2.
An der Oelmühlen, sind die Wellen, waßer und
Kamradt, wie auch das Trillich, Well, sambt stempfel, ram=
mel und boden, auch alle gangbar. 
3.
Walck und Lohmühlen sind ebenmäßig noch gangbar.
4.
An der neuen Mühlen ist ein gang gangbar, und der 
ander gang von Wellen und Rädern auch zugericht wann
Von Fürstl. Herrschafft, Eisen, stein und Kosten darzu ge=
schafft werden; Über dießes ist
5.
Ein Schifft vorhanden
6.
Die Fach betrl. ist dieselbe von grund und stegen gut 


7. 
Ist ein Erch, wie ihn der Müller funden noch Vorhanden.
8.
Die Weer anlangendt ist das kleine neü gemacht und
das Oberste auch noch gut.
9. 
Das Hauß betrl. ist daßelbe an dach und fächern noch
gut und wird mit thüren und fenstern gut geliefert, 
item 1. Siede Zeug in der Küchen. 
Ferner 10. hat an geräthig und sonst sich befunden 
1 Schlagmetzen 
1 Neuer warm Keßel } zur Oelmühlen.
6 neue Platten in die Stämpffladen
1 metzen 
1/2 metzen
1/8 metzen 
1 Löse Kasten
3 neue mehl Kasten
2 gute fegsieber 
5 Paar trieb ringken vor die Haubtmühlen
1 neu mühleisen zu dem einem neuen noch ungangbaren
gang ufs Werth.
1 neu er legte mühlhauen.
1 Stengel zur schrauben an die mittel mühlen.
11.
Die Schweinställe sind von gehöltz und maurwerck noch alle
gut.

12.
Im Pferdtstall eine Krippen, 1. rauffen und 1. stallbett
item 1. futter troge.
13.
Im Kuhstall eine Krippen mit 2 Theilen.
14.
In der Mühlen eine neüer Zapf in Vorrath, 3 große 
Rincken, umb die mühlstein.

Daß diese vorgesetzte Posten und Stück,
in Gegenwarth Baltzar Gebharts undt Con=
rad Wagners alhier, fürstl. Ambts wegen
darzu erfordert, sich also gefunden beurkun=
det neben denselben, eingangs ernanter Hanß
Rudloff eigenhändig, actum ut supra.

Von Gottes gnaden, Wir Johann Georg Herzog 
zu Sachsen Jülich Cleve und Berg, Landgrav in Thüringen 
Markgrav zu Meißen, Gefürsteter Grav zu Henneberg, 
Grav zu der Marck und Ravensberg, Herr zu Ravenstein,
Röm: Kayserl. Maytt. bestelter Feld Marschall Lieutenant 
und Obrister, Urkunden und beken=
nen hiermit, daß Wir Unsere zu Gerstungen an der
Werra gelegene Mahl= und schlagMühlen, samt dem Walck:
und Lohegang daselbst, dem bißherigen Pacht Müller Hanß
Rudolphen [sic!], nachdem die vorigen sechs Pacht Jahr von Purifi=
cationis Mariae 1670. biß dahin 1676. verfloßen gewe=
sen, noch weiter uf Sechs Jahrlang, Nemblichen von Lichtmeß
1676. biß Lichtmeß 1682. nebst denen zugehörungen,
wie solche in dem darüber aufgerichtetem Inventario mit
mehrern specificiret und beschrieben zubefinden, verPachtet
haben, Thun auch solches hiermit nachfolgender gestalt und
also, daß Uns Er unterthänig, getreu, hold und gewärtig 
seyn, Unsern Schaden und Nachtheil außerstem seinem 
Vermögen nach, abwenden und vorkommen, nutzen und 
frommen aber treulich befördern und in acht nehmen,
nebst den Seinigen der Gottesfurcht in gehör Göttlichen
Worts, auch rechtem Gebrauch des Heiligen Abendmahls,

so wohl eines Christlichen Erbarn Wandels sich befleißigen, zu=
förders aber den Mahlgästen iedesmahl mit glimpfflichen und 
bescheidenen Worten begegnen, denenselben in abmetzen ge=
treulich vorsehen, und sich sonsten in allem, so erweisen solle,
damit über denselben Niemand mit fug zuklagen, oder von
Ihm wegzuziehen verursachet, und dadurch die Mühle an Ihrem
Mahlamt vergeringert werden möge, Gestalt Er dann, so
viel Ihme ist, dieselbe bey alter hergebrachter Gerechtigkeit 
erfalten, und da etwas an Rädern, Wellen, Gerindes, Käm=
men, Getrieben, Beutel, Sieben und anders, was Zimmer=
arbeit ist, wandelbahr würde, solches uf seine eigene Kosten,
angesehen Ihme deswegen an seinem Pacht gegen Voriger 
Zeit, beedes an Gelde als frucht, eine merckliche Erlaßung 
wiederfahren, selbsten zu verfertigen und zubauen schuldig
seyn soll, Worzu Ihme iedesmahl das gehöltz, so viel 
darzu vonnöten, in Unserm AmbtsWalde daselbsten anzu=
weisen, und nebst andern behuefigen bauMaterialien
beyzuführen, so wohl auch die Handfrohne bey solchem bau 
gleichfalß durch die Ambts Unterthanen und Fröhner
Verrichten zulaßen, und ufn bedarf iedesmahl geschirr 
und bauholtz in Vorrath ohne entgeld bey zu schaffen ver=

sprochen worden, Welchen beygeschafften Vorrath aber Er
auch in obacht halten, rathsamblich der Mühlen zum besten
und sonst zu nichts anders anwenden und gebrauchen soll.
Sollten aber über zuversicht große Waßer und Eißfahrten
das Weer, gerindes oder grundwerck ganz zerreißen,
so, daß es Von Neuem wieder erbauet werden müste,
als denn soll auf Unsere Kosten solches schleunig wieder
repariret und gebeßert werden, Worbey Er iedoch 
iederzeit seiners orths allen möglichen fleiß 
und beyhülffe zuthun wißen wird. 
Zum Pacht Zinß soll Er Jährlichen und iedes Jahr besonders,
nebst abstattung des Pfarr Decems, wie auch Wein=
und Kühegeldes der Gemeinde, so von dieser Mühle ge=
geben wird, gegen der Nutzung, deren Er seinem besten
nach, gebrauchen mag, in Unser Ambt Gerstungen 
viertzig Fulder Malter Korn, Viertzig gülden Cammer
wehrd an Gelde, und Drey schock LeinKuchen auf nach=
folgende Quartalszeiten, als Ostern, Johannis, Michaelis 
und Weyhnachten unweigerlich entrichten; So sich
aber die Waßer ergößen /: Welches Gott gnädig
Verhüten wolle :/ und er binnen etlichen Wochen oder

länger nicht mahlen könte, hette der Müller auf erweiß=
liches darthun und erkändnüs solches billich zu genießen,
und es an dem Pachtzinß zu decurtiren; Gestalt Ihme dann,
wann die Mühle wegen benötigten Grundgebäude stille
stünde, Wöchentlich solange der bau wehret, zwölff Fulder
Metzen Korn am Pachtzinß zu gut gehen sollen. 
Wie nicht weniger, da die Mühle bey Winterlagen auf weni=
ge oder lange Zeit eingefrieren solte, auf ansuchen des
Müllers ein Erlaß auf billiche ermäßigung stehen soll. 
Es soll auch der Pachter zwey tüchtige große Schweine, so Ihme
aus Unserm Vorwerge indes auf Michaelis zur Mastung 
aufzulegen solange biß Lichtmeß mästen, und dieselbe 
nicht ehender als biß es vor tüchtige Speck Schweine gehalten
und erkennet werden, zuliefern schuldig seyn.
Wegen der WalckMühlen ist abgehandelt, daß von jedem 
Walck zwey Korstück in Unser Ambt gegeben, das dritte
Korstück aber dem Müller zu seinem Lohn gelaßen werden
soll, hingegen nimbt Er derselben bau und beßerung, was 
Zimmerarbeit ist, gleichergestalt über sich, jedoch sollen 
die Gerber altem herkommen nach, niehmals mehr als
hundert stücke leder walcken, und dem Müller an dem

schlagwerk keine hindernüs zufügen. Wann auch 
der Müller etwas an Ahlen und Hechten, oder sonsten
was gutes an fischen fänget, soll Er selbige dem Ambt 
vor allen Dingen anbieten, welches Ihme alsdann solche
umb gewöhnlichen Tax zubezahlen, oder an seinem Pachtgelde
zu decurtiren, und zu Unserer Hofstatt zusenden befehlichet
werden.
Die Gräserey und das Gebüsche, so hiebevor zwar uf dem 
Werth gehalten, itzo aber zimblich ausgerodet und gebeßert
worden, belangende, So ist Ihme davon bereits ein gewißes,
sich deßen zugebrauchen, abgestecket worden, Ingleichen
werden Ihme zwo Kühe, wie bräuglich, mit dem Forwergs=
Viehe, wie auch zuweiln sein Pferd, oder an deßen stelle
ein Rind, an die Hut gehen zulaßen, vergönnet.
Sechs Klafftern Holtz bekömbt Er Jährlich zu seinem Deputat,
wovon Er aber das gewöhnliche Hauer= und fuhrlohn Vor
sich entrichten mus; hingegen soll Er befugt seyn, in 
beeden Ämbtern, Gerstungen und Haußbreitenbach,
seinem belieben nach, Getraide zu mahlen hohlen, maßen 
denn absonderlich die Neustedter an keinem andern ohrt,
als bey Ihme Mahlen zulaßen, befugt sind, doch soll Er

sich guter Esell oder Pferde befleißigen, und iedesmahl das
Korn zu rechter Zeit abholen, und das Mehl wieder an ge=
hörige orthe verschaffen.
Wie nun offtberührter Rudolph [sic!] diesem allen getreulich nach=
zukommen, auch vor sich und die seinigen auf Licht und Feur,
damit kein Vorsetzlicher schade geschehen möge, welchen Er
sonsten zu erstatten schuldig seyn soll, gute aufsicht zuführen,
Ingleichen alle Eingebäude der Mühlen und WohnHaußes
in dem stande, wie Er solches itzo gefunden, bey seinem abzuge
hinwiederumb zuliefern, an Eydes statt durch ein Hand=
gelöbnüs Versprochen und zugesagt, Daneben auf den
nicht Zaltungsfall alle seine und der seinigen Vermögen 
davor Verpfändet: Also wollen Wir Uns an Ihme
aller Verursachten schaden halber, so wegen säumiger ab=
stattung seines schuldigen Pachts entstehen möchten, zu=
erholen, und auf solchen fall die aufkündigung des Pachts 
so von halben Jahren zu halben Jahren Uns oder Ihme frey 
stehen soll, hiermit ausdrücklich Vorbehalten haben.
Urkundlich haben Wir diesen Pacht brief in duplo verferti=
gen, denselben eigenhändig unterschrieben mit Unserm
Fürstl. Cammer=Secret betrucken, und ein Exemplar 

bey Unser Cammer hinterlegen, das andere aber dem
Müller zu seiner Nachricht aushändigen laßen.
So geschehen Eisenach am Tage Lichtmeß den 2. February
Anno 1676.
Johann Georg

Quelle: Landesarchiv Thüringen, Hauptstaatsarchiv Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftliche Güter, Nr. 629





Zuletzt geändert am

  • 1
    Kirchenbuch Gerstungen 1685-1742, Landeskirchenarchiv Eisenach (LKAE), KBF, K 1/9-2, S. 220
  • 2
    Landesarchiv Thüringen (LATh), Hauptstaatsarchiv (HStA) Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftliche Güter, Nr. 629
  • 3
    KaufBrieff zur Herrschafftl: Mahl= Schlag= Loh und WalchMühle zu Gerstungen an Steffen Steinen zu Heerda ao: 1701. LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftl. Güter, Nr. 631, Bl.2
  • 4
    (ausgewachsene) Mastschweine; vgl. „Speckschwein“, Deutsches Rechtswörterbuch Online, https://drw-www.adw.uni-heidelberg.de, abgerufen am 28.2.2025.
  • 5
    vermutlich ausgewählte Lederstücke; vgl. „KÖR, f.“, Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, https://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=K10952, abgerufen am 28.2.2025.
  • 6
    „ziemlich“; vgl. „ziemlich, adj. und adv.“, Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, <https://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=Z05976>, abgerufen am 03.03.2025.
  • 7
    Kirchenbuch Gerstungen 1685-1742, Landeskirchenarchiv Eisenach (LKAE), KBF, K 1/9-2, S. 74
  • 8
    KaufBrieff zur Herrschafftl: Mahl= Schlag= Loh und WalchMühle zu Gerstungen an Steffen Steinen zu Heerda ao: 1701. LATh – HStA Weimar, Eisenacher Archiv, Herrschaftl. Güter, Nr. 631, Bl.2

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